Geschichte

Vielleicht war die Chilbi schon im Mittelalter das wichtigste Wetziker Fest. Aber leider ist dazu nichts bekannt. In mittelalterlichen Urkunden wird sie nie erwähnt. Trotzdem darf man mit Fug und Recht behaupten, dass die Wetziker Chilbi mindestens auf das 14. Jahrhundert zurückgeht. Das verrät nur schon der Name: «Chilbi», in alten Akten wahlweise auch «Kilbi», «Kilwy», «Kilwÿche» oder «Kilchwihe» genannt, ist die mundartliche Bezeichnung für die Kirchweih, das heisst für die Weihe der Kirche. Die Einweihung der heutigen, 1897 erbauten reformierten Kirche kommt dabei nicht in Frage. Einerseits war das Datum der Wetziker Chilbi, der erste Sonntag nach Maria Himmelfahrt (15. August), zu diesem Zeitpunkt längst etabliert. Andererseits kennen reformierte Kirchen keine eigentliche Weihe. Die Wetziker Chronisten gehen deshalb davon aus, dass die Chilbi auf der alten, um 1330 erbauten und vom Bischof von Konstanz geweihten Wetziker Kirche gründet. Als Datum bietet sich passend zum heutigen Chilbidatum eine Weihe an Maria Himmelfahrt an. Hieb- und stichfest überliefert ist aber weder das Baujahr der alten Kirche noch der Tag der Weihe. Allenfalls könnte man sich sogar fragen, ob schon zu Ehren der ersten Wetziker Kirche, der 858 erstmals erwähnten Ratpoldskirche, eine Kirchweih gefeiert wurde. Die frühe Zeitstellung wäre dafür kein Hindernis: Die bis um 1600 jeweils am Felix-und-Regula-Tag (11. September) gefeierte Chilbi der Stadt Zürich berief sich ebenfalls auf ein Datum im 9. Jahrhundert, nämlich auf die Weihe des Fraumünsters am 11. September 874. Mit Blick auf die gänzlich fehlende Überlieferung bleibt die mittelalterliche Chilbi aber ohnehin nur Theorie. Es vergehen viele Jahrhunderte, bis die ländlichen Kirchweih-Feste in den Akten einigermassen Konturen annehmen. Den Anlass für die ersten einschlägigen Erwähnungen bot das offenbar recht muntere Chilbitreiben, das die Zürcher Obrigkeit mit einer Schwemme von Vorschriften, Einschränkungen und Verboten zu bekämpfen versuchte.
1869 finden wir die ersten Inserate von Chilbigeschäften, so beispielsweise den Hinweis auf ein «Caroussel» beim «Löwen» in Wetzikon. Gross angepriesen wird auch das Panorama von Rudolf Weber, bei welchem das «Interessanteste aus der Neuzeit, die Schlachten von Nord- und Süddeutschland und Italien sowie die schönsten Städte von Europa und Amerika» zu sehen waren. Wie der Inhaber in seiner Anzeige versprach, erhielt jeder Besucher beim Austritt ein Geschenk. Sensationen waren damals auch die «Afrikanische Menagerie» von Philipp Welsch sowie ein grosses römisches Kunstkabinett von J. Ills, in welchem man eine weltberühmte wahrsagende Dame allein sprechen konnte.
Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts änderte sich die alterwürdige Chilbi grundlegend: Die Elektrifizierung und Mechanisierung hielt bei den Chilbigeschäften Einzug, das ehrwürdige, von Hand oder Dampf angetriebene Karussell wurde durch modernere Maschinen und Geräte abgelöst. Aeroplan-Gleitflugzeugkarussells und Elektrokettenflieger hielten Einzug. Kinomatographentheater spielten bereits ab 1906 auf den Oberländer Chilbiplätzen. Die laufenden Bilder waren damals eine Sensation, was sich auch auf die Eintrittspreise zu diesen Vorführungen niederschlug. Dieser betrug damals bereits einen Franken - und das bei einem Jahreseinkommen eines Arbeiters von unter zweitausend Franken im Jahr.
Im Laufe der Jahrzehnte entwickelten sich die Chilbibahnen unter dem Motto „höher und schneller, leuchtender und lauter“ bis hin zu den heutigen Hightech-Anlagen. Die Schausteller setzen heute immer noch alles daran, die Chilbibesucher anzulocken und zu erfreuen.
Die Wetziker Chilbi zog schon vor hundert Jahren viel Volk an und war für die damaligen Verhältnisse ein Grossanlass, der weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt war. Die Bahnen und Stände waren auf den Strassen und Plätzen rund im die Kirche aufgestellt. Bereits im Jahren 1928 (bis 1957) musste man mit den grossen Bahnen auf die so genannte "Konsumwiese" (später bekannt als Karrerwiese) ausweichen (unterhalb der Kirche, wo heute die sogenannten Sternblöcke stehen). Ab dem Jahr 1958, als dieses Areal überbaut wurde, verlegte man die grossen Chilbigeschäfte (bis ins Jahr 1964) auf die "Bünzliwiese", dem heutigen Sonnenfeldquartier. Der Platz war nicht ideal, vor allem bei schlechtem Wetter musste man für die Besucher eigentliche Bretterstege aufstellen, damit sich die Besucher auf dem Chilbiplatz einigermassen trocken und sauber bewegen konnten. Im Jahr 1965 wurde dann die Chilbi auf einen festen Platz, die so genannte "Schafwiese" (bis 1978) verlegt, immer unter Einbezug der Bahnhofstrasse und der umliegenden Plätze. Man traf sich damals im Kronengarten, im Löwen oder andern Restaurants zum Chilbihock oder –tanz. Bars und Festhütten kannte man damals noch nicht. Für die einheimischen Wirte war der Anlass hingegen eine Goldgrube. Man munkelte, der Kronenwirte habe jeweils aus dem Chilbiertrag seinen Pachtzins bezahlt...
Bereits im Jahre 1971 wurde das ganze Areal der Migros für ein Einkaufszentrum verkauft und die Chilbi war wieder einmal auf der Suche nach einem neuen Standort. Es sollte jedoch noch Jahre dauern, bis das Migros-Projekt baureif war. Ein Projekt am Lendenbach, mit Einbezug des Zentrums von Oberwetzikon, scheiterte im Jahr 1979 am "Nein" der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger. Deshalb wurde die Chilbi erst im Jahr 1979 als Provisorium erstmals in Unterwetzikon, rund um das Stadion, durchgeführt. Provisorien halten bekanntlich am Längsten - und so dauerte es bis ins Jahr 2003, bis mit dem heutigen Allmend- und Chilbiplatz eine dauerhafte Lösung gefunden werden konnte. Die Wetziker bewilligten für dieses Projekt einen Kredit von 1,75 Millionen Franken. Im Sommer 2003 konnte der neue Platz bei schönstem Chilbiwetter eingeweiht werden. Mehrere Studien für eine Verlegung der Chilbi ins Zentrum – rund um die Kirche – scheiterten an den Platz- und Infrastrukturproblemen.
Zur Geschichte der Wetziker Chilbi gäbe es noch viel zu erzählen. Im Jahr 2008 fand die Wetziker-Chilbi zum 30. Mal am heutigen Standort statt.
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann werfen Sie doch einen Blick auf unsere Chilbi-Chronik.